Standby / sprachliche Backup Lösung

 

Neue Medien

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Client:Deutsche Kollegenagentur
Date:2017
Info: Kampagne zur Bekämpfung von Hate Speech / Soziale Netze

Einer der Gründe, warum ich meinen Beruf so liebe, ist die Vielseitigkeit. Dieses Mal ging es um die Regulierung von sozialen Netzen / Hate Speech im Internet. Teilweise war der Auslöser für die Veranstaltung die aktuellen Überlegungen der Bundesregierung zu gesetzgeberischen Schritten, teilweise liegt es im wohlverstandenen Eigeninteresse der Sozialen Netze, die Selbstregulierungsmaßnahmen zu erarbeiten bzw. zu kommunizieren. 

 

Vom logistischen Setup her war es etwas ungewöhnlich: Die irische Konzernzentrale war über Monitor zugeschaltet. Kamera war auf die Dolmetscherin (moi) seitlich hinterm Podium gerichtet, die wiederum Fragen aus dem Publikum konsekutiv ins Englische übersetzte. Umgekehrt wurden die Antworten der irischen Monitorteilnehmerin konsekutiv vom Podium aus ins Publikum übersetzt (wobei auch die Sprachkundigen ungemein geduldige Mine machten und nebenbei halt irgendwas twitterten). Dafür, dass wir uns in den Konferenzräumen eines ursprünglich englisch-sprachigen sozialen Netzes trafen, waren die wirklich erstaunlich entspannt bei dieser Sprachregelung. 

Vom Setup war es eine zweistufige Veranstaltung im Rahmen eines mehrtägigen Workshops. Ich wurde bei einzelnen Bausteinen für die sprachliche Unterstützung herangezogen. Beeindruckend fand ich, dass die aktuelle Generation offenbar keine Berührungsängste mit Dolmetschern hatte (anders als bei manchen internationalen Konzernen: teilweise herrscht dort halt das Credo, dass man sich ab der mittleren Managementetage/mittelalten Semester unbedingt international gerieren muss, mit teilweise hahnebüchenen Ergebnissen, d.h. dass manchmal ein deutscher Redner in mehr oder weniger flüssigem Englisch vor einem komplett deutschen Publikum vorträgt, das dann auch seinerseits brav auf Englisch seine Fragen stellt und das Ganze dann zwar funktioniert aber sich irgendwo auch auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner einpendelt - frei nach Genscher:

"In der Muttersprache sagt man das, was man sagen will, in der Fremdsprache sagt man das, was man sagen kann."

 

Aber egal. Muss jeder selbst wissen (wenngleich sich Sinn und Zweck hinter manchen Sprachregelungen nicht immer direkt erschließt). Aber "Joke aside" (um mit einem Zitat der mittelalten Semester zu enden) und zurück zum Thema: 

Denn ganz anders - ich sage es ungern, weil ich mir bei dieser Bezeichnung wie ein Dinosaurier vorkomme - bei dieser "jüngeren Generation". Klar können sie sich teilweise fließend auf Englisch ausdrücken, vielleicht mit den ganzen Abkürzungen und sprachlichen Neuschöpfungen sogar teilweise besser als wir Dinosaurier, aber nicht jedem sind Begriffe wie Volksverhetzung, Straftatbestand oder gesetzlicher Zuständigkeitsbereich in der Fremdsprache aus dem effeff geläufig (nb ersteres lässt sich übrigens gar nicht 1 zu 1 übersetzen, da spezifisch deutsches Konzept aber im Weitesten Sinne "incitement to violence and hatred"). Die Teilnehmer hatten also die Gelegenheit (bei BEDARF) die Frage in ihrer Muttersprache zu stellen und die Antwort übersetzt zu bekommen. Viel hängt hier natürlich vom Veranstaltungsrythmus ab, der sich meist direkt zu Beginn einpendelt, d.h. wenn die erste Frage auf deutsch gestellt wird, und zu übersetzen ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich andere Redner dieser Lösung anschließen.

Egal, kam mir auf jeden Fall nicht überflüssig vor (was ja nicht selbstverständlich ist, s.o.). 

Mich einerseits sehr wohl gefühlt (wenngleich ich hin und wieder selbst beim duzen gesiezt wurde und man teilweise erstaunlich langsam mit mir sprach was aber generationenunabhängig auch Blondfaktor gewesen sein könnte), aber andererseits auch überlegt, dass da eine völlig neue (digitale) und auf ihre ganz eigene Art fitte Generation heranwächst (wer von unserer Babyboomer Generation aus dem letzten Jahrtausend hätte sich damals schon mit Anfang 20 für Artikel 5 des Grundgesetzes interessiert bzw. sich dazu in einen Vortrag gesetzt?). Was ja auch nicht verkehrt ist. Vielleicht Cro Magnon meets Neanderthaler? Egal, auf jeden Fall interessant und ebenfalls einer der Vorteile des Berufes - am Rande mit dabei sein zu können. Oder, wie es ein anderer Kunde vor langer Zeit einmal ausdrückte: "Exzentrisch im Zentrum" 

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